Merian, Gandersheim, 1654
Gandersheim – Benediktinerinnen
Existenz: ca. 939/940 bis 1570
Heutiges Gebiet: Stadt Bad Gandersheim, Landkreis Northeim
Orden/Art: Kloster bzw. Stift; gegründet als Sanktimonialenkonvent, ab 973 Benediktinerinnen, im 13. Jahrhundert Entwicklung zum Kanonissenstift, 1482 benediktinische Reform (Bursfelder Kongregation).
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Hildesheim; Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel
Nachdem vermutlich die Äbtissin des Reichsstifts Gandersheim Wendelgard um 939 ein Sanktimonialenkonvent gegründet hatte, wandelte Stiftsäbtissin Gerberga II. den Konvent 973 in ein reguliertes Benediktinerinnenkloster für 30 Nonnen um und zog zur Gründungsausstattung auch ihr Eigengut am Main heran. Die Gründungsausstattung bestand aus drei größeren Güterkomplexen: im Süden aus den Besitzungen im Landkreis Osterode mit den Schwerpunkten Echte/Sebexen und bei Osterode; im Norden aus den Besitzungen um Bornhausen/Seesen, wichtig durch die dortigen Eisenhütten; im Osten aus den Besitzungen am Ostrand des Harzes um Derenburg. Hinzu kam der vom Marienkloster in seiner unmittelbaren Nähe bewirtschaftete Besitz
Im Laufe des 13. Jahrhunderts vollzog sich der Übergang zur Verfassungsform eines weltlichen Stifts. Einer Äbtissin mit eigenem Abteivermögen standen ein Kanonissenkapitel mit festen Präbenden und ein Kanonikerkapitel mit drei Präbendaten gegenüber. 1482 wurde das Marienkloster nach den Statuten der Bursfelder Union reformiert und kehrte somit zur Benediktsregel zurück. Dies erstreckte sich im Wesentlichen auf Äbtissin und Nonnenkonvent; das Kapitel der drei Kanoniker blieb unverändert. Vor der Reform war neben der Äbtissin (973) die Küsterin (1229) die einzige Dignität. Auch nach 1482 blieb die Äbtissinnenwürde erhalten. Weitere Klosterämter: Priorin (1484), Küsterin (1484), Procuratrix oder Schäfferin (1537).
Der Marienpfarrer, erstmals 1265 genannt, gehörte nicht dem Kanonikerkapitel an und bewohnte einen eigenen Pfarrhof. An folgenden Kirchen stand der Äbtissin des Marienklosters das Patronatsrecht zu (mit Datum der Ersterwähnung): in der späteren Wüstung Mitlingerode (Modelingerode) (1260); Düderode (1260); Sebexen (1145); in der späteren Wüstung Lewe (Levede) (1260), 1305 eingetauscht gegen das Kirchenpatronat in Wetteborn; in der späteren Wüstung Söse bei Osterode (1375/77); Derenburg (1014) sowie in der späteren Wüstung Utzleben bei Derenburg (1265).
Nach der Schmalkaldischen Besetzung 1542 und der zwangsweisen Einführung des lutherischen Bekenntnisses wurde die Äbtissin im Amt belassen, da sie und ihr Konvent sich zur Einhaltung der neuen Kirchenordnung verpflichteten. Nach der Rückkehr Herzog Heinrichs des Jüngeren wurden die alten Verhältnisse wieder hergestellt. Nach der Einführung der Reformation im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel 1568 beanspruchte der Landesherr den gesamten Klosterbesitz für den Unterhalt des von ihm gegründeten Paedagogium illustre in Gandersheim. Am 9. Oktober 1570 schloss das Kloster mit dem Herzog einen Vertrag, der die Abfindungen der Konventualinnen und Laienschwestern regelte.
Der Gebäudekomplex des Marienklosters lag unmittelbar südostwärts des Marientores und ist heute vollständig verschwunden.
Literatur: Christian Popp, Artikel (Bad) Gandersheim – Kanonissenstift (?), seit 973 Benediktinerinnen; im 13. Jh. Entwicklung zum Kanonissenstift; seit 1482 Benediktinerinnen (St. Marien), in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 450-455.
Germania Sacra: 71
GND: [6064449-7]
FemMoData: 2288
Bearbeiterin: Leonie Bunnenberg