Photo: Laufenfeuer, 2014, CC BY-SA 3.0 de
Lüneburg - Benediktiner, später ev. Männerkloster St. Michaelis
Existenz: kurz vor Mitte 10.Jahrhundert bis 1789
Heutiges Gebiet: Stadt Lüneburg
Abtei; Benediktiner; Ordensprovinz Mainz-Bamberg
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Verden; Fürstentum Lüneburg, Kurfürstentum Hannover
Vermutlich kurz vor der Mitte des 10. Jahrhunderts wurde das Kloster vom sächsischen Herzog Hermann Billung gegründet und spätestens Ende des Jahrhunderts ist es als Mitglied des Benediktinerordens nachzuweisen. St. Pantaleon in Köln ist möglicherweise Mutterkloster gewesen, zumindest kam der erste bekannte Abt von hier. Das Kloster wurde von den Reichsoberhäuptern von Anfang an mit Wohlwollen bedacht. U.a. durch Güterübertragung, Zoll und Abgaben unterstützten Kaiser Otto I. und Heinrich II. die Gründung. 1055 wurde die Kirche auf dem Kalkberg geweiht, die als Grablege für die Billunger diente, eine Tradition, die die Welfen fortführten. 1106 erhielt das Kloster mit St. Cyriakus die erste Pfarrkirche Lüneburgs. Aus einer 1140 gegründeten Einsiedelei eines Mönches aus St. Michaelis ging 1172 das Kloster Lüne hervor. Im 12. Jahrhundert pflegten die Äbte nahe Verbindungen zu Herzögen und Königen. 1225 wurde es unter den Schutz der Welfen, 1229 unter den des Papstes gestellt. 1371 verloren die Mönche infolge des Lüneburger Erbfolgekrieges ihre Klostergebäude auf dem Kalkberg. 1376 wurde ein Neubau auf dem heutigen Platz errichtet. Spätestens seitdem waren die Beziehungen zur Stadt eng, der Abt von St. Michaelis war in den Salinenbetrieb eingebunden.
Der Konvent bestand aus Mitgliedern des lüneburgischen Adels bzw. des Lüneburger Patriziats. Ihm standen ein Abt und ein Prior vor. Weitere Klosterämter waren scholasticus (974), Küster, Präbendar, caritator, camerarius, ruralis, custos, thesaurarius, infirmarius, hospitalarius, Klosterbademeister (1413), elemosinarius (1439), magister puerorum, cellerarius, granarius, senior (1447). Der Versuch, das Kloster der Bursfelder Kongregation anzugliedern, scheiterte am Widerstand des Konvents. Reliquien der Apostel Bartholomäus, Philippus und Barnabas sind sicher belegt. Daneben gab es Kreuzpartikel, reliqiuen des Heiligen Pankratius und Valerius sowie der 11.000 Jungfrauen. Folgende Kirchen waren zeitweilig oder dauerhaft dem Kloster inkorporiert: die Kirche in Gerdau, St. Cyriacus in Lüneburg, Kapelle St. Jacobi und Kapelle St. Benedicti in Lüneburg, Kapelle St. Kanuti ebenda sowie Kirchen in Bergen bei Celle, Dahlenburg, Hittbergen, Nahrendorf, Veerßen und in Munster, Bienenbüttel, Neetze, Wendhausen, Oldenstadt, Wietzendorf, außerdem die Kapellen zu Vastorf und Grünhagen.
Der Konvent war dauerhaft verschuldet. 1295 wurden daher Abts-und Konventsvermögen getrennt und 1504 zur Schuldentilgung wiedervereinigt. Das Kloster verfügte über bedeutende Salinenanteile. Der Grundbesitz konzentrierte sich auf den Bardengau. Daneben gab es Streubesitz in den jetzigen Landkreisen Celle, Heidekreis und Lüchow-Dannenberg sowie im Halberstädter und im Gebiet Wernigerode. Das Gebiet wurde begrenzt von Bostel im Süden, Groß-Sommerbeck im Osten, Stelle im Norden und Borstel im Westen. Das Kloster besaß Wirtschaftshöfe in Lüneburg, Bienenbüttel, Gerdau und Grünhagen. Es verfügte neben der Abtsmühle in Lüneburg über Mühlen in Neetze, Oedeme und Melbeck. Fischereirechte besaß es in der Ilmenau und in einigen kleineren Bächen. 1293 erwarb es formal die herzogliche Münze, die de facto vom Rat der Stadt betrieben wurde. Das Kloster betrieb die Abtsmühle seit 1148, weitere Mühlen besaß das Kloster in Neetze (1314), Oedeme (1314) und Melbeck (1355). In der Ilmenau und in einigen kleineren Bächen besaß das Kloster Fischrechte. 1174 ist das Hospital St. Benedicti beim Kloster belegt. Das gesamte Mittelalter hindurch betrieb das Michaeliskloster eine Klosterschule sowie zwischen 1340 und 1406 eine externe Lateinschule, die nach Auseinandersetzungen mit dem Kloster Heiligenthal (vgl. Lüneburg – Prämonstratenser Heiligenthal) zugunsten der städtischen Schule geschlossen wurde.
1530 gab es im Kloster die erste protestantische Predigt. 1533 wurden die Landgüter vom Landesherrn beschlagnahmt. Das Kloster blieb nach der Wahl des Abts Herbord von Holle als evangelisches Männerstift unter der Benediktinerregel bestehen. 1659 wurde es in eine Ritterakademie umgewandelt.
Die Klosterkirche besteht heute in der Gestalt des 18. Jahrhunderts. Die Klostergebäude sind nicht erhalten. Archäologische Grabungen konnten 1978 Ausdehnung und Lage der Gebäude ermitteln. Das Kloster besaß ursprünglich zwölf Glocken, von denen die Große Michaelisglocke und die Sonntagsglocke erhalten sind. Die übrigen wurden 1792 verkauft oder verschwanden später. Kunsthistorisch bedeutsam sind die Gemälde des ehemaligen Hauptaltars von der Hand des Meisters der Goldenen Tafel, zwei Tafeln mit Szenen aus dem Leben St. Benedicti (Landesgalerie Hannover) sowie Flügel des Erlöseraltars und die Lüneburger Fußwaschung von Meister Rudolf (Museum Lüneburg). Zu Inschriften vgl. DI 24 Nr. 1-4, 7-9, 11-14, 16, 17, 20-22, 24-27, 30-33, 35, 38-44, 48, 65.
Literatur: Uta Reinhardt, Lüneburg – Benediktiner, später evangelisches Männerkloster St. Michaelis, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 947-960.
Germania Sacra: 791
Bearbeiter: Aaron Schwarz