Photo: Klosterkammer, Kristina Weidelhofer
Ebstorf - Prämonstratenser, dann Benediktinerinnen, seit 1565 Damenstift
Existenz: ca. 1160 bis heute
Heutiges Gebiet: Samtgemeinde Altes Amt Ebstorf, Landkreis Uelzen.
Orden/Art: Prämonstratenserstift; ab ca. 1190 Benediktinerinnenkloster; 1565-1696 evangelisches Damenstift mit klosterähnlichen Zügen; danach evangelisches Damenstift.
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: heute evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Bistum Hildesheim; Land Niedersachsen
Für die Frühzeit des Klosters liegen keine gesicherten Nachrichten vor. Vermutlich wurde ein Kanonikerstift, das mit Prämonstratensern besetzt wurde, 1160 von Graf Volrad von Dannenberg und seiner Frau Gerburg als Hauskloster der Grafen gestiftet. Für die Zeit um 1190 wird eine zweite Gründung des Klosters mit Benediktinerinnen aus Walsrode angenommen. Den Konvent leitete eine Priorin, die Vertretung nach außen übernahm ein vom Konvent gewählter Propst. Seit 1395 stammte der Ebstorfer Propst fast durchgängig aus der Kanzlei der Lüneburger Herzöge.
Zu den Reliquien gehörten eine wundertätige thronende Madonna aus Eichenholz (um 1230) barg sieben Reliquien unterschiedlicher Herkunft; Reste von 23 sogenannten Paradiesgärtlein (um 1480) enthalten zahlreiche Reliquien, u.a. vom Hl. Mauritius, den in Ebstorf begrabenen Märtyrern, von regional verehrten Heiligen wie Bischof Bernward von Hildesheim, aber auch vom Apostel Thomas. Wunderheilungen durch die aufgefundenen Reliquien werden im Klosterbericht von 1487 auf 1243 datiert. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann die Wallfahrt zu den sogenannten Ebstorfer Märtyrergräbern. Als gesichert gilt, dass die Märtyrerlegende im Kloster selbst entstand und die erste Blütezeit des Klosters positiv beeinflusste.
Der Konvent setzte sich aus Töchtern des landsässigen Adels im Fürstentum Lüneburg und des Stadtlüneburger Patriziats zusammen. Zu den Klosterämtern gehörten neben dem Propst (erstmals genannt 1197) die Priorissa (1255); Cameraria (1322); Subpriorissa, Sacrista und Fenestraria (1464); Subsacrista (1469); Celleraria (1474); Scolastica (15. Jh.). Ab 1565 bis 1696: Domina, Priorin, Subpriorin, Seniorin, Schafferin bzw. Küchenmeisterin, Aufsichten über die Vorratskeller und das Gasthaus, Köstersche und Sangmeistersche. Ab 1464 reformierte der Propst Matthias von dem Knesebeck das Kloster nach den Regeln der Bursfelder Kongregation und führte es zu einer zweiten Blütezeit. Der Konvent zählte in dieser Zeit bis zu 50 Konventualinnen.
Das Patronatsrecht über die Pfarrei Hanstedt erlangte das Kloster um 1370. Für den Konvent übte Propst Knesebeck das Patronatsrecht über die Drei-Königs-Vikarie an St. Johannis in Lüneburg aus. Die Klosterkirche teilen sich heute Kloster und Fleckensgemeinde: Der Konvent nutzt den Nonnenchor, die Gemeinde das Kirchenschiff.
Die Ebstorfer Klosterschule wird erstmals 1307 urkundlich erwähnt. Es wurden Töchter des Landadels als interne wie externe Schülerinnen unterrichtet. Der Unterricht wurde 1696 eingestellt. Das krankenhus oder auch sekenhus diente wohl als Krankenstube für die Konventsmitglieder; die Pflege auswärtiger Kranker ist nicht nachweisbar.
Das Kloster verfügte über Grundbesitz und Zehnten in Ebstorf, Wittenwater, Oetzfelde, Luttmissen, Golste, Oldendorf, Bornsen, Bardenhagen, Tätendorf und Walmstorf. Ab 1224 werden Salinenanteile in Lüneburg urkundlich erwähnt. Bis 1370 war das Kloster durch gezielte Zukäufe und die Mitgiften eintretender Klosterfrauen zum drittgrößten sülzbegüterten Kloster nach St. Michaelis und Kloster Lüne herangewachsen. Der Wirtschaftshof liegt nordöstlich des Klosters. Belegt sind acht Mühlen, nach der Reformation verblieb nur die Mühle in Verhorn im Besitz des Klosters, die 1668 an das Amt Ebstorf abgetreten wurde. Vor der Reformation besaß das Kloster einen Weinberg bei Wessenstedt, eine Schäferei und eine Ziegelei. Außerdem betrieb es 13 Teiche zur Fischzucht und erhielt von zwölf Krügern den Bierzins. Zudem besaß es Stadthöfe in Lüneburg und Uelzen.
Die Reformation in Ebstorf begann 1525: Das Propsteigut wurde eingezogen und daraus das Amt Ebstorf gebildet. Jedoch erst 1565 trat die erste evangelische Klostervorsteherin ihr Amt an. Die Klosterordnung von 1574 regelte das klösterliche Gemeinschaftsleben. Der Zusammenhalt der Klostergemeinschaft zersetzte sich und das Kloster wurde zu einer reinen Versorgungsinstitution für unverheiratete Töchter. 1711 wurde das Kloster für adelige Töchter aus dem Fürstentum Lüneburg reserviert und der Konvent auf 18 Stellen begrenzt. Im Laufe der Zeit gewann die Bedürftigkeit als Aufnahmegrund immer mehr an Bedeutung. Hauptaufgabe des Konvents ist heute neben der christlichen Hausgemeinschaft, die Kunstschätze des Klosters der Öffentlichkeit im Rahmen von Führungen zugänglich zu machen.
Der heutige Gebäudekomplex stammt überwiegend aus dem 14./15. Jahrhundert. Erhalten sind der vierflügelige Kreuzgang, die Klosterkirche, der Glockenturm, das Schlafhaus, das Pforthaus, das Herrenhaus, das Gerichtsgebäude, die Zehntscheune und der ehemalige Zinskornspeicher. Glocken im Kirchturm der Klosterkirche stammen aus dem 16. Jahrhundert, ebenso zwei Chorglocken im Dachreiter. Zahlreiche Kunstgegenstände haben sich erhalten, darunter im Nonnenchor eine Stifterfigur, die als Heiliger Mauritius, Schutzpatron des Klosters, bezeichnet wird (um 1250) und eine große thronende Madonna (um 1320). Eine thronende Madonna aus Eichenholz (um 1230) und Chorgestühl (um 1292), ein Messingstandleuchter (um 1410) sowie zwei Messingkronleuchter (1620, 1718), farbige Glasfenster (ab 14 Jahrhundert). Kirche und Kloster schmückt eine reiche Bauplastik aus dem 14. Jahrhundert. Heute noch erhalten sind 203 figürliche Kapitelle, Konsolen und Schlusssteine aus gemeißeltem Kalkstein oder geformtem Stuck.
Die Ebstorfer Weltkarte, die größte erhaltene mittelalterliche Weltkarte, wurde 1830 im Kloster aufgefunden und verbrannte 1943. Als Entstehungszeit wird das 13. Jahrhundert angenommen. Die Karte zeigt das biblische, mythologische, historische, naturkundliche wie geographische Wissen ihrer Zeit.
Literatur: Hanna Dose, Artikel Ebstorf - Prämonstratenser, ab ca, 1190 Benediktinerinnen, ab 1565 Damenstift, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 351-360
Germania Sacra: 365
GND: [4028157-7]
FemMoData: 586
Bearbeiterin: Leonie Bunnenberg