Bardowick - Kollegiatstift St. Peter

Photo: Frank Vincentz, 2011, CC BY-SA 3.0 “Dom” St Peter

Bardowick - Kollegiatstift

Existenz: Anfang des 12. Jahrhunderts bis 1848
Heutiges Gebiet: Flecken Bardowick, Landkreis Lüneburg
Orden/Art: Kollegialstift; Kanoniker
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Verden, Archidiakonat Salzhausen; Sachsen, bei der Auflösung 1848 Königreich Hannover

Die Gründung des Stifts wird auf den Beginn des 12. Jahrhunderts datiert, auch wenn die Stiftungsurkunde nicht erhalten ist. Die Rechte wurden durch Bischof Thietmar II. von Verden bestätigt. Die Stiftskirche war ursprünglich nur St. Peter geweiht, ab 1377 ist sie als SS. Petri et Pauli belegt. Der Hauptaltar ist Maria geweiht, weitere Kapellen und Ältäre sind ebenfalls belegt. Aus dem Jahr 1408 sind Reliquien von Jacobus dem Älteren(Apostel), Georg, Antonius und Maria Magdalena belegt. Zum Stift gehörten neben der Stiftskirche die Marienkapelle am Friedhof und Kirche St. Viti. 1282 erhielt das Stift das Patronatsrecht an der Kirche St. Johannis Baptistae, 1337 an St. Willehadi, 1348 an der Kapelle St. Fabiani zunächst für zwei Kanoniker, dann jeweils für den ältesten Kanoniker. In Bardowick gab es weitere Kirchen, die vielleicht ebenso zu Stift gehörten. 1465 zumindest war die Erlaubnis des Stifts zur Errichtung der Kapelle St. Valerii und Mariani notwendig. 1365 erfolgte die Vereinigung mit dem Archidiakonat Kuhfelde (Altmark). Das Stift verfügte auch über das Patronatsrecht des Hospital zum heiligen Geist und der Stiftsschule. Nach der Reformation gab es zwei Pfarrstellen in der Stiftskirche St. Petri und Pauli, die vom Kapitel besetz wurden
Das Stift war wohlhabend, die Besitztümer, die größtenteils im 13. und 14. Jahrhundert erworben wurden, blieben bis zu seiner Aufhebung bestehen. Auch wenn die Erstausstattung des Stifts nicht belegt, zeigt die erste überlieferte Urkunde von 1158 einen großen Besitz. Das Stift hatte Zehnt-Einkünfte aus 10 Dörfern (Vögelsen, Mechtersen, Luhdorf, Roydorf, Winsen, Handorf, Klein Hesebeck, Röbbel, Golern, Himbergen) und Anteil am Zehnten von Quarrendorf. Weiter verfügte es über die Kirche St. Viti und deren zwei Sülzpfannen in der Lüneburger Saline und zwei eigene Sülzpfannen, die verpachtet wurden. Darüber hinaus sind Erträge aus 12 Grundstücken in Bardowick, einem Hof in Pietz, jeweils einem Hof in Luhdorf, Roydorf und Swanefeldesborstel beschrieben. In der Folgezeit wurden die Besitzungen durch Schenkungen und weitere Ausstattungen von Präbenden ausgeweitet. 1368 wurde auch eine eigene Ziegelei erwähnt. In den neuen Statuten von 1379 war der Anteil an der Lüneburger Saline war gewachsen. Darüber hinaus hatte das Stift die Vogtei einiger Höfe inne und Landbesitz, Häuser und Meierhöfe in etwa 26 Orten, die teilweise verpachtet waren. Es übte auch die Jurisdiktion bis zur Aufhebung stiftlicher Gerichtsbarkeit 1817 aus. Auch nach der Umstrukturierung der Lüneburger Saline im Jahr 1797 bezog das Stift weiter Erträge und blieb generell über Jahrhunderte hinweg im Besitz seiner Schenkungen und Zuwendungen.
Die Stiftsherren kamen größtenteils aus dem Lüneburger Patriziat. Ein Propst ist erstmals 1123 belegt, dessen Amt von da an an das Verdener Domkapitel gebunden war. Seit 1158 hatten die Kanoniker das Recht den Dekan und frei werdende Stellen zu besetzen und auch das Wahlrecht für die Kanonikate blieb beim Stift. Im Laufe der Zeit wurden mehr Kanonikerstellen eingerichtet: 1374 gab es 12, die sich in sechs Priesterpräbenden, drei Diakons- und drei Subdiakonspräbenden gliederten. Bis auf die zwölfte Pfründe, die 1652 mit Aufhebung der Probstei entfiel, blieben alle Kanonikate bis zur Aufhebung des Stifts bestehen. Hinzu kamen die Vikarien an den Altären der Stiftskirchen, 1344 waren dies 22, bis 1850 noch 18.
Nach ersten fehlgeschlagenen reformatorischen Versuchen des Landesherrn Herzog Ernst von Braunschweig und Lüneburg im Stift entschieden die Landstände 1529 für die evangelische Lehre, sodass 1529 Matthias Ginderich als erster evangelischer Pfarrer für die Stiftskirche eingesetzt wurde. Die Kanoniker wechselten daraufhin entweder zum evangelischen Glauben oder verließen das Stift. Nach gescheiterten Plänen, das Stift mit dem Kapitel in Verden zusammenzulegen und somit die katholische Konfession zu erhalten, verpflichtete sich das Stift 1543 in einem Vertrag mit Herzog Ernst, der evangelischen Lehre zu folgen und den Landesherrn als Oberhaupt anzunehmen. Im Gegenzug behielt es alle Rechte und Besitztümer. Von da an wurden mit jedem Herrscherwechsel die Statuten und Priviliegien bestätigt, zum letzten Mal 1796. Das Stift zählte zu den Landständen, und entsandte zwei Deputierte zu Landtagen. Während der französischen Herrschaft wurde es aufgehoben, danach aber mit alten Rechten bis zur Aufhebung durch hannoversches Gesetz 1848 wieder eingesetzt.
Die Stiftsschule gab es vermutlich bereits seit 12. Jahrhundert. Das Hospital zum Heiligen Geist stand ebenfalls unter dem Patronat des Stift. Das Hospital-Gebäude wurde 1860 verkauft. Es gab keine Stiftsgebäude im eigentlichen Sinn, die Stiftsherren lebten in Häusern im Immunitätsbezirk der Stiftskirche. Durch Zerstörungen im Lüneburger Erbfolgekrieg und im Dreißigjährigen Krieg stammt das älteste noch erhaltene Stiftsherrenhaus aus dem frühen 17. Jahrhundert. Die heutzutage evangelische Pfarrkirche wird oft als „Dom“ bezeichne, an ihr lassen sich neben ihrer ursprünglich spätgotischen Bauweise verschiedene andere Bauphasen deutlich erkennen.

Literatur: Marianne Elster, Artikel Bardowick - Kollegiatstift, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 34-45.

Germania Sacra: 324

Bearbeiterin: Julia Bartels