Grundriss 1733, aus: Eva Schlotheuber, Die Franziskaner in Göttingen. Die Geschichte des Klosters und seiner Bibliothek, Werl 1996, S. 243
Göttingen - Franziskaner Barfüßerkloster
Existenz: vermutlich Mitte 13. Jh. bis 1529
Heutiges Gebiet: Stadt Göttingen, Landkreis Göttingen
Orden/Art: Franziskanerkloster
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Erzdiözese Mainz; Fürstentum Calenberg-Göttingen
Wann genau die Franziskaner nach Göttingen kamen, ist unbekannt. Nach einer Nachricht des Franziskus Lubecus stiftete Herzog Albrecht I. von Braunschweig das Kloster im Jahr 1268 mit Unterstützung zahlreicher Adliger des Landes. In der zweiten Hälfte des 13. Jh. begannen sie mit Unterstützung der Herzöge von Braunschweig mit dem Bau des Klosters. Im 14. Jh. erhielten sie mehrere Stiftungen und Schenkungen von Adligen und Bürgern der Stadt, sodass sie den Klosterbereich erweitern sowie ihren Wirkradius und ihre regelmäßigen Einnahmen vergrößern konnten. Genannt werden an Klosterämtern der Guardian (erstmals 1307), Vizeguardian (vor 1532) und Lektor (1315). Die Vernetzung über das engere Stadtgebiet hinaus erfolgte auch durch die Anlage von vermutlich mindestens sieben Termineien in nahe gelegenen Dörfern und Ortschaften, u.a. in Weende, Uslar, Hardegsen, Gieboldehausen, Duderstadt und Münden. Das Barfüßerkloster lag innerhalb des Pfarrbezirks der Albani-Kirche, gehörte aber keinem Pfarrverband an.
Bei ihrer Seelsorgetätigkeit innerhalb der Göttinger Bürgerschaft konkurrierten die Franziskaner mit den Dominikanern. Im beginnenden 15. Jh. verfügten sie über eine gesicherte Stellung im städtisch-herzoglichen Gefüge. Der Hochaltar von 1424 ist ein deutliches Zeichen für das Ansehen, das die Franziskaner damals genossen. Als Bettelmönche verfügten die Göttinger Franziskaner nur in eingeschränktem Maße über feste Einnahmen aus Immobilienbesitz und Zehntrechten. Das Kloster besaß inen Hof in Niedernjesa, Haus und Hof in Göttingen in der Roten Straße sowie Haus und Hof in Nörten.
Mitte des 15. Jahrhunderts schlossen sich einige Göttinger Barfüßer der strengeren Richtung der Observanz an. Nach mehreren erfolglosen Versuchen erreichte der städtische Rat 1462 mit Unterstützung der Herzöge von Braunschweig von Papst Pius II. die Vollmacht, die Einführung der Observanz im Göttinger Kloster zu erzwingen. Anlässlich dieses Übertritts wurden jene Klostergüter verkauft, die nach Meinung des Rats für die Existenz der Barfüßer nicht unbedingt erforderlich waren. 1478 und 1498 fanden die Provinzialkapitel der sächsischen Observantenprovinz in Göttingen statt. 1508 wurde ein neues Hospital fertiggestellt.
Nachdem die Franziskaner zunächst den Fortbestand des Klosters nach Einführung der Reformation 1529 verteidigen konnten, verloren sie 1533 den Rückhalt des Herzogs und verließen die Stadt. Nach der Besetzung der Stadt durch kaiserliche Truppen im Dreißigjährigen Krieg konnten die Franziskaner vorübergehend von 1629 bis 1633 nach Göttingen zurückkehren.
Erhalten blieben - neben einem Schlussstein des Kreuzrippengewölbes - ein Gebäudetrakt, in dem sich einst u.a. das Dormitorium befunden hat, sowie ein unterirdisches Gewölbe unter dem ehemaligen Abtritt. 2015 wurde das Gebäude umfangreich renoviert, bei Grabungen wurden zahlreiche Gräber aufgedeckt. Heute universitäres Tagungszentrum. An bedeutenden Kunstgegenstände sind erhalten: Der doppelte Flügelaltar von 1424 mit Malereien, vor allem Szenen aus dem Leben Jesu, Mariae und der Apostel, er befindet sich heute in der Niedersächsischen Landesgalerie Hannover.
Inschriften: DI 19 Nr. 13, Nr. 21, Nr. 25, Nr. 34, Nr. 38-39, Nr. 66, Nr. 134, Nr. 138.
Literatur: Thomas Ertl, Artikel Göttingen - Franziskaner, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 468-471.
Germania Sacra: 387
GND: 4443415-7
Bearbeiterin: Leonie Bunnenberg