Photo: Samtgemeinde Harsefeld
Harsefeld - Kollegiatstift, später Benediktiner
Existenz: ca. 1002 bis 1647/48
Heutiges Gebiet: Samtgemeinde Harsefeld, Landkreis Stade.
Orden/Art: Kollegiatstift, Kanoniker; später Benediktiner
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Erzdiözese Bremen; Herzogtum Bremen.
Um 1002 wurde auf dem Platz der ehemaligen Burg der Harsefelder Grafen von Graf Heinrich II. dem Guten als Sühne für seinen Rücktritt aus dem geistlichen Stand ein Stift für Weltgeistliche gegründet. Die neue Propstei wurde Grablege der Grafenfamilie, die gleichzeitig ihren Herrschaftssitz nach Stade verlegt hatte.
Der Anstoß, das Stift in ein Benediktinerkloster umzuwandeln, ging von einer Auseinandersetzung um das Bistum Halberstadt aus. Der romtreue Bischof Herrand hatte sich 1100 in das Kloster Ilsenburg zurückziehen müssen; der dortige Konvent, der den kaiserlichen Bischof Friedrich von Halberstadt nicht anerkannte, wurde vertrieben und kam nach Harsefeld, wo eine Zahl antikaiserlicher Fürsten versammelt war. Dort wurde nun das Benediktinerkloster St. Marien gegründet und mit Ilsenburger Mönchen besetzt. An Ämtern sind überliefert: Abt (erstmals genannt 1101), Erzabt (1386), Prior (1113).Das Kloster wurde direkt dem Papst unterstellt (Exemtion). Im Laufe des 13. Jh. kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Kloster und Erzbischöfen. Abt Reinhold (1257-1270) übertrug den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg die Klostervogtei. Das Kloster konnte im 14. Jh. eine zunehmend eigenständige Stellung erringen. Im 15. Jh. verlor das Kloster die Exemtion und schloss 1482 mit St. Marien vor Stade und dem Benediktinerinnenkloster Zeven ein Bündnis zur Abwehr aller Eingriffe in ihre Rechte, das nicht nur gegen den Landesherrn und das Fehdewesen, sondern auch gegen Reformbestrebungen gerichtet war. 1510 musste das Kloster sich der Bursfelder Reform anschließen. 1545/1546 wurde das Kloster von dem mecklenburgischen Ritter Joachim von Pentz geplündert und vollständig niedergebrannt.
Der Güterbesitz hatte drei Schwerpunkte, zum einen in Kehdingen und der Ostemarsch, zum zweiten an der Saale und drittens nördlich der Elbe, vor allem in Dithmarschen. Weiter konnte das Kloster Salzpfannen in Lüneburg erwerben. Eine vorhandene Wassermühle wurde 1545/46 durch die Überfälle des Ritters Pentz zerstört, ebenso wie das Brauhaus. Das Kloster besaß Stadthöfe in Buxtehude und Stade.
Der Reformation schloss sich das Kloster nicht an, die jungen Mönche wurden zum Studium auf die Jesuitenschulen in Köln und Rom geschickt. 1632, nach dem Einmarsch der schwedischen Truppen, wurde es aufgehoben, der Konvent floh nach Köln, nur vier Mönche blieben in Harsefeld. Nach der zweiten Inbesitznahme des Erzstifts durch Schweden wurde das Kloster 1647 endgültig aufgehoben. Der Konvent war zahlenmäßig immer klein gewesen. Vor 1100 hatte er nur acht Mitglieder, 1386 kaum mehr als zehn. Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jh. wurden zeitweise mehr als zehn neue Mitglieder aufgenommen.
Die dreischiffige gotische Hallenkirche St. Mariae und Bartholomaei stammt aus der Mitte des 14. Jh. Sie wurde von 1856 bis 1861 umfassend restauriert und erhielt ihr neugotisches Äußeres. Die mittelalterliche Klausur ist durch umfangreiche Grabungen in den 1980er Jahren freigelegt und in den folgenden Jahren rekonstruiert worden. Die älteste Glocke stammt von 1242, erhalten ist ferner ein Bronzetaufbecken des Bremer Meisters Ghert Klinghe von 1454.
Literatur: Jürgen Bohmbach, Artikel Harsefeld - Kollegiatstift, später Benediktiner, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 590-594.
Germania Sacra: 399
Bearbeiterin: Leonie Bunnenberg