Abbildung: St. Johanneskirche auf der Katlenburg, Photo: Axel Hindemith, 2011, CC BY 3.0
Katlenburg - Kollegiatstift, Augustiner-Chorherren-, dann Chorfrauenstift
Existenz: kurz vor 1105 bis 1558/1574
Heutiges Gebiet: Gemeinde Katlenburg-Lindau, Landkreis Northeim
Orden/Art: Kollegiatstift (1105-1139) Augustiner-Chorherrenstift (1139), dannn Augustiner-Chorfrauenstift
Kirchliche und weltliche Zugehörigkeit während der Zeit der Existenz: Erzdiözese Mainz; Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, Fürstentum Calenberg
Kurz vor 1105 stiftete Graf Dietrich III. von Katlenburg in seiner Burganlage ein Kloster zu Ehren des Evangelisten Johannes und stattete es gemeinsam mit seiner Gattin mit Gütern und Rechten aus Katlenburger Besitz sowie mit Gütern bei Braunschweig und Harsefeld aus. Die Gründung war mit der Aufgabe der Burg als Herrschaftsmittelpunkt verbunden. Nach dem frühen Tod des kinderlosen Grafen 1106 fiel das im Aufbau befindliche Stift an Heinrich den Löwen, wurde spätestens 1139 durch Propst Gerhard von Riechenberg in ein Augustiner-Chorherrenstift reformiert und kurz darauf in ein Chorfrauenstift umgewandelt, das 1207 erstmals erwähnt wird. Gleichfalls von Riechenberg aus wurde das Stift auf Betreiben der welfischen Landesherren und des Mainzer Erzbischofs 1487/88 der Windesheimer Reform angeschlossen und bis zur Säkularisierung von Pröpsten aus dem Riechenberger Konvent geleitet. Mit Festigung der welfischen Vorherrschaft im Harzvorland nahm das Kloster ab Mitte des 13. Jh. unter tatkräftigen Pröpsten einen deutlichen Aufschwung. Es sicherte sich Vogtei und freie Wahl der herzoglichen Vögte. Vor 1281 wurden Klosteranlage und Wirtschaftshöfe baulich umfassend erneuert. Für Mitte des 13. Jh. ist die Wahl des Propstes durch den Konvent bezeugt. Anfang des 14. Jh. sind die wichtigsten Ämter im Konvent ausgebildet. Eine Krankenstation, mehrere Priester und Kapläne, mindestens drei Scholaren, Schreiber, Konversen und Brüder mit gesonderten Zuständigkeiten deuten auf umfängliche Aufgaben und auf eine gewisse Größe des Konvents hin, ohne dass Zahlen genannt werden können. Genannt werden Propst (vor 1141), Priorin (1231), Unterpriorin (1524), Küsterin (1304), zugleich Schefferin (1385), Kellnerin (celleratrix, procuratrix) (1304) und Hilfskräfte (1320), Krankenschwester (1304), cantrix (1464), officium caritatis (1324), Aufseherin des Marienlichts (1488), Schreiber (1307), fratres officiati (1334), Klostervogt (1525), Hofmeister auf Außenhöfen (1416), Fischer (1105), Müller (1454), Schäfer (1347), Koch und Küchenjungen (1355), Bäckerjunge (1355), Schuhmacher (1525). Der Konvent rekrutierte sich aus dem umliegenden niederen Adel, seit dem 14. Jh. auch aus den führenden Familien benachbarter Städte.
Patronatsrechte besaß das Kloster seit 1105 über die Kirchen in Wedtlenstedt bei Braunschweig (bis 1384), deren Inkorporation der Bischof von Hildesheim erstmals 1275 bestätigte, seit 1309 über die zur Pfarrkirche erhobene Filialkapelle von Gillersheim in Lesenberg (heute wüst). Das Patronat über die Kirche St. Maria vor Osterode tauschte das Kloster 1337 gegen das des Mainzer Erzbischofs über die Kirche in Berka. 1491 wurde die seit 1464 bestehende Kommende am Corpus-Christi-Altar inkorporiert.
Ein Vorwerk auf dem Burgberg wurde zuletzt in Eigenwirtschaft betrieben. Das Kloster besaß seit dem 12. Jh. ferner eine Getreide-, später auch eine Ölmühle am Fuße des Berges. 1311 und 1314 werden die Mühle in Wachenhausen, 1314 in Elvershausen, 1428 in Gillersheim als klostereigen genannt. Das Lagerbuch führt Schmiede, Ziegelhaus und Hopfenhof auf. Das Kloster besaß einen Stadthof in Northeim. Die Masse der Zehnten, Güter, Forsten, Jagd- und zur Versorgung wichtigen Fischereirechte in Rhume, Oder, Söse und Bever wurde zwischen Mitte des 13. und Mitte des 14. Jh. erworben.
Lokale und überregionale Fehden, gegen die sich das Kloster mit Schutzbriefen und Prozessen zu wehren suchte, zogen es im 14. und 15. Jh. mehrfach in Mitleidenschaft.
Mit der Einsetzung des ersten lutherischen Pfarrers 1534 begann die Säkularisierung des Klosters, zwar amtierten Propst und Konvent weiterhin mit eingeschränkten wirtschaftlichen Befugnissen. Der Konvent ist dann aber bereits 1558 letztmalig bezeugt. In der alten Propstei, dem einzigen außer der Johanniskirche erhaltenen klösterlichen Bauwerk, befindet sich heute ein kleines Museum.
Literatur: Karin Gieschen, Artikel Katlenburg - Kollegiatstift, im 12. Jh. kurzfristig Augustiner-Chorherrenstift, dann Augustiner-Chorfrauenstift, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 869-874.
Germania Sacra: 429
FemMoData: 1000
Bearbeiterin: Leonie Bunnenberg