Lamspringe - Kanonissen, Benediktinerinnen, Benediktiner

Photo: Klosterkammer, Dr. Jens Reiche

Lamspringe - Kanonissen, später Benediktinerinnen, dann Benediktiner

Existenz: 872/73 bis 1803
Heutiges Gebiet: Lamspringe, Landkreis Hildesheim
Orden/Art: Kanonissen, dann Benediktinerinnen, später Benediktiner
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Hildesheim; bei Auflösung Königreich Preußen

872/73 wird das Kanonissenstift erstmals urkundliche erwähnt. Als Stifter gelten der sächsische Graf Ricdag und dessen Gemahlin Emhild aus der Sippe der Immedinger. Erste Äbtissin des Kanonissenstiftes war Ricburg, Tochter von Ricdag und Emhild. Als Patron wird der Märtyrer Hadrian genannt. Unter dem Hildesheimer Bischof Berthold wurde das Stift in ein Kloster umgewandelt. 1138 ist die Annahme der Benediktsregel belegt. Die Stifts- bzw. Klosterkirche war zugleich (katholische) Pfarrkirche von Lamspringe. Als Tochterkirche galt die Kapelle von Neudorf, als inkorporiert die Kapelle von Rolfshagen. Das Patronatsrecht übte der Konvent in Bönnien, Graste, Groß Ilde, Netze und Störy aus. Im Kloster befanden sich bis 1573 Arm- und Kopfreliquiare des Hadrian und Dioysius sowie ein Reliquienschwert des ersteren und mehrere Reliquienschreine. im 17. Jahrhundert dann Reliquien des hl. Oliver Plunkett.
Bis Anfang des 14. Jahrhunderts wurde der Besitz beständig erweitert. Der landwirtschaftliche Besitz konzentrierte sich zwischen Heber, Hohe Dehne und Haarplage, wo in den Ortschaften Lamspringe, Neuhof und Wöllersheim, wo der Konvent vollständig über seinen Besitz verfügte. Die anderen Ortschaften fielen mit der Zeit wüst. Daneben gab es Streubesitz u.a. im Gebiet um Bodenburg und Salzdetfurth sowie Einzelbesitz in Springe, Apelern (Schaumburg), Woltwiesche (südwestlich Braunschweig) und im Eichsfeld. Ein Wirtschaftshof und eine Mühle befanden sich auf dem Klostergelände in Lamspringe.
Danach kam es zu wirtschaftlichen und finanziellen Problemen. Diese hatten auch Einfluss auf die Regeleinhaltung im Kloster. Ab 1455 galt Lamspringe als reformorientiert. 1521 wurde das Kloster im Zuge der Hildesheimer Stiftsfehde niedergebrannt. 1523 kam es an das Fürstentum Wolfenbüttel, wo es finanziell schwer belastet wurde. 1542 wurde es vom Schmalkaldischen Bund besetzt, der erfolglos versuchte, die Reformation einzuführen. 1568 war der Konvent schließlich protestantisch. Danach ging die Zahl der Mitglieder stetig zurück. 1616 lebten im Kloster fünf Chorfrauen, vier Laienschwestern und neun „Klosterkinder“. Die Benediktinerinnen unterstanden einer Priorin (später Domina). Daneben gab es Pröbste und Archidiakonate sowie Provisoren/Vormünder als Quasi-Pröpste. 1643 verzichtete man bei der Restitution des Großen Stiftes auf die Wiederherstellung eines Nonnenklosters und siedelte stattdessen vertriebene Benediktinermönche aus England hier an. Der Konvent bestand zeitweilig aus 30 Mönchen und sechs Laienbrüdern. Ihnen stand ein Abt vor. 1668 wurde eine Schule für die Söhne englischer Katholiken eröffnet. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde eine katholische Schule für die katholischen Fleckenbürger und Bewohner des Klosterhofes errichtet. Ein Hospital bestand wahrscheinlich bereits seit Gründung des Klosters; es wurde jedoch Anfang des 15. Jh. aufgegeben. 1673-1691 errichtete man eine neue Klosterkirche. Zwar tilgte das Kloster bis 1793 seine enormen Schulden, es wurde dann jedoch bereits zehn Jahre später, 1803 aufgelöst.
Alle Abteigebäude sowie die Klosterkirche sind erhalten. Es existieren zwei Uhrschlagglocken und im Dachreiter eine weitere Glocke (1741). Vier Glocken befinden sich im Glockenturm (15.-20. Jh.).

Literatur: Alexander Dylong, Artikel Lamspringe - Kanonissen, später Benediktinerinnen, dann Benediktiner, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 901-908.

Germania Sacra: 116

GND: [4823902-1]

FemMoData: 1130

Bearbeiter: Aaron Schwarz