Möllenbeck - Kanonissenstift, Augustinerchorherren

Photo: Grugerio, 2016, CC-BY-SA 4.0

Möllenbeck - Kanonissenstift, danach Augustiner-Chorherrenstift

Existenz: vor 896 bis 1648
Heutiges Gebiet: Stadt Rinteln, Landkreis Schaumburg
Orden/Art: Kanonissenstift; Augustiner-Chorherrenstift der Windesheimer Kongregation
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Minden; Landgrafschaft Hessen-Kassel

Kurz vor 896 muss das Kanonissenstift an der Weser entstanden sein, es wurde gestiftet und ausgestattet durch die Edelfrau Hiltipurg und den Priester Folchart. Wendelburg, die Nichte der Stifterin, wurde die erste Äbtissin. 979 wurden Immunität und freie Wahl der Äbtissin von Otto II. bestätigt, die Vogtei der Billunger blieb davon unberührt.
Über die inneren Angelegenheiten ist kaum etwas bekannt. Das Stift folgte keiner Ordensregel und war vorwiegend dem sächsischen Adel vorbehalten. Der Konvent bestand anfänglich aus 12 Kanonissen sowie Laienschwestern. Er wurde von einer Äbtissin geleitet. Daneben gab es eine Pröpstin und eine Dekanin.
1248 wurden die Klostergebäude durch Brand beschädigt. Spenden zum Wiederaufbau erwirkte man durch das Herumtragen einer Dionyus-Reliquie in der Diözese Minden. Laut Nekrolog existierten Reliquien der Heiligen Agathe, Caecilia, Cosmas und Damian, Crisantus, Cyriacus, Daria, Dionysius, Fabian und Sebastian, Genovefa, Georg, Gregorius, Hippolyt, Januarius, Laurentius, Nicomedes, Pankratius, Theodor und Walburga. 1281 wurde der Stiftskirche das Taufrecht von der Marktkirche her übertragen. Seit dem 14. Jahrhundert wurde es in die Grafschaft Schaumburg eingezogen und trat 1314 in Gebetsgemeinschaft mit Rinteln. 1353 ist ein Schulmeister des Kanonissenstiftes erwähnt. Das Stift besaß die Pfarrrechte in Möllenbeck, außerdem das Patronatsrecht für die Kapellen in Hachmühlen und Hülsede. Die Kirche in Silixen und die Kapelle in Ottbergen waren ihm inkorporiert. Möllenbeck gründete 1468 das Augustiner-Chorherrenstift Blomberg in der Diözese Paderborn.
Seit Mitte des 14. Jahrhunderts scheint sich das Stift in wirtschaftlichem und geistigem Niedergang befunden zu haben. Nachdem es 1441 dem Bischof von Minden übergeben worden war, übertrug er es den Augustiner-Regularkanonikern aus Böddeken in der Diözese Paderborn. In der Folge errichteten der dortige Prior Arnold von Hüls und der Prior des Sültestifts vor Hildesheim Johannes Busch einen Konvent der Windesheimer Kongregation in Möllenbeck. Die Leitung des Augustiner-Chorherrenstiftes hatte ein Prior nebst Subprior inne. Er umfasste zeitweilig ca. 20 Kanoniker und 50 Laienbrüder. 1612 wurde die Zahl auf 12 Kanoniker begrenzt. 1492 unterbrach ein erneuter Brand den vollkommenen Neubau der Anlagen kurzfristig.
Der Güterbesitz teilte sich in die Ämter Heidelbeck, Rottorf, das Hachmühler und Seedorfer Amt, das Amt zu Wülfentrup und zu Uchtdorf, die unter den Kanonissen als Lehen vergeben wurden. Die Augustiner-Chorherren betrieben am Stift einen eigenen Wirtschaftshof. Das Stift besaß eine Wassermühle in Exten bei Rinteln. Zudem gab es in Möllenbeck eine Wind- und eine Wassermühle sowie ein Fischteich. In Rinteln besaß es einen Stadthof.
Gegen die Reformation erfolgte kein großer Widerstand. Die Augustinerregel blieb unter lutherischer Kirchenordnung im Wesentlichen in Kraft. Das Stift entwickelte sich sogar zur bevorzugten Grablege der Grafen von Schaumburg. 1570 gründete das Stift eine Schule. Nachdem sich das Stift seit ca. 1580 zunehmend verschuldet hatte, wurde es 1612 einer strengeren Aufsicht durch die Obrigkeit unterstellt und u.a. die Zahl der Mitglieder beschränkt. Während des Dreißigjährigen Kriegs mussten die lutherischen Konventsmitglieder 1630 wegen militärischer Besetzung vorübergehend das Stift verlassen. 1633 erfolgte die Rückkehr einiger Chorherren, der Verfall war jedoch nicht mehr aufzuhalten. 1647 fiel Möllenbeck an Hessen, das den Stiftsbesitz 1649 in eine Domäne umwandelte. Hiermit scheint der Klosterbetrieb beendet worden zu sein.
Die Stiftskirche in spätgotischer Form sowie die Klausur sind erhalten, die Wirtschaftsgebäude nicht. In der ehemaligen Winterkirche sind Reste einer Wandmalerei, u.a einen Schmerzensmann darstellend, erhalten. Im Sommerrefektorium gibt es eine bemalte Holzdecke. Das Kirchengewölbe weist eine spätgotische Ausmalung auf (erneuert 1903/04).

Literatur: Dieter Brosius, Artikel Möllenbeck - Kanonissenstift, seit 1441 Augustiner-Chorherrenstift, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S.1059-1065.

Germania Sacra: 718

GND: [4193100-2]

FemMoData: 1403

Bearbeiter: Aaron Schwarz