Wüfinghausen - Augustinerchorfrauen

Photo: Klosterkammer, Lina Hatscher

Wülfinghausen - Augustinerchorfrauen, später Damenstift

Existenz: vor 1236 bis heute
Heutiges Gebiet: Wülfinghausen, Stadt Springe, Region Hannover
Orden/Art: Augustinerchorfrauenkloster
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Hildesheim, heute Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Bistum Hildesheim; bei Gründung Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, heute Niedersachsen

Nach einem erfolglosen Ansiedlungsversuch in Engerode (Salzgitter) mit zwei Nonnen aus dem Kloster Dorstadt und einem Priester aus Lamspringe wurde das Kloster schließlich in Wülfinghausen eingerichtet. Die Klosterkirche wurde dort 1240 geweiht. 1241 verfügte das Kloster über die Gerichtsbarkeit über das Klostergut. Als Tochterkloster entstand 1255 das Kloster Pyritz/Pyrzyce bei Stettin.
Nach einer wirtschaftlich günstigen Entwicklung in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde das Kloster vom Brand der Kirche und Konventsgebäude im Jahr 1377 schwer getroffen. Möglicherweise handelte es sich um Brandstiftung durch Außenstehende. Nach dem Aussterben der Grafen von Hallermund fielen Land und Kloster fortan unter die Oberhoheit der welfischen Herzöge, denen fortan Abgaben zu leisten waren. Nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde 1523 war das Kloster noch enger an die Welfen gebunden.
Nach einer Welle von Stiftungen in den ersten Jahren nach Gründung scheint der Klosterbesitz erst wieder ab ca. 1325 systematisch ausgedehnt worden zu sein, u.a. erwarb man Rechte in Boitzum, Alferde, Adensen und Holtensen. Besonders viel Besitz bestand um Eldagsen herum in Dörfern, die später wüst fielen (Diersen, Everdagsen, Harboldessen, Quickborn, Remmersen und Verdessen). Außerdem besaß das Kloster Güter in Elze, Mehle und Sehlde, um Nettelrede und Messenkamp. 1425 kaufte das Kloster das Dorf Quanthof vom Hildesheimer Kartäuserkloster. Das Kloster verfügte über mehrere Mühlen, u.a. in Mehle (1272), bei Eldagsen (1279), in Remmersen (wüst, 1316), bei Adensen (Remmermühle, 1346), bei Eldagsen (Rodemühle/Nonnenmühle, 1381), in Quanthof (wüst, 1425). Die Eldagser Mühle kam 1442 an die Augustinerinnen in Eldagsen. Ferner besaß das Kloster Fischereirechte in Leine und kleineren Gewässern.
1241 erhielt das Kloster das Patronatrecht über die Kirchen in Nettelrede und Nordstemmen, letzteres wurde 1324 gegen die Kirche in Eldagsen eingetauscht, die zugleich dem Kloster inkorporiert wurde. 1385 erhielt das Kloster die Pfarrkirche in Adensen mit ihren Gütern als Geschenk, die 1412 dem Kloster inkorporiert wurde. Mindestens seit Mitte des 14. Jahrhunderts bestand ein Siechenhaus. Regionale Marienwallfahrten hatten das Kloster zum Ziel.
Viele Nonnen stammten offenbar aus dem Gebiet südöstlich Hildesheims. 1323 wurde ihre Zahl auf maximal 60 begrenzt. Als das Kloster 1435 durch Johannes Busch und den Prior von Wittenburg, Rembert, nach Windesheimer Vorbild reformiert werden sollte, kam es zu langwierigem Widerstand im Konvent. Erst nach Eingreifen des Hildesheimer Bischofs und Verfügung eines neuen Klostervorstands konnte die Reform umgesetzt werden. 1543 führte Herzogin Elisabeth von Calenberg mit dem Reformator Antonius Corvinus die Reformation ein, auch hier hatte sich der Konvent zunächst verweigert. Die letzte Priorin Beate von Bothmer wurde durch eine Domina, der letzte Propst durch einen herzoglichen Amtmann. Nun lebten vermutlich noch weniger als zwanzig Konventualinnen im Kloster. Erst ab 1847 hatten auch Bürgerliche Zugang zum Konvent. An Klosterämtern bestanden: Propst und Priorin (erstmals genannt 1246), Küsterin (1344), Kellnerin (1344), Krankenwärterin (1439), nach der Reformation dann Domina, Schaffnerin und Küsterinnen.
Als Herzog Erich von Calenberg nach Einführung der Reformation 1543 damit begann, zahlreiche Güter zu verpfänden und z.T. die Zinsen auf das Kloster Wülfingshausen legte, stiegen die finanziellen Belastungen für den Konvent stark an. 1572-1582 lebte vorübergehend sogar der Adlige Georg von Gladebeck mit seinem Haushalt auf dem Klostergelände, um die ihm zustehenden Einkünfte einzuziehen. Schließlich wurde das Klostergut 1593 säkularisiert und der Amtmann zum Pächter, der aus seiner Wirtschaft heraus das Damenstift zu versorgen hatte. 1627 wurde das Kloster im Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs geplündert, ein Jahrhundert später fielen die Gebäude erneut einem Brand zum Opfer. Die 1740 neu errichtete barocke Anlage ist bis heute erhalten. Aus der ersten Klosterkirche ist die Krypta aus dem 13. Jahrhundert erhalten, der Rest geht auf den Neubau von ca. 1400 zurück.

Literatur: Uwe Hager, Artikel Wülfinghausen, Augustiner-Chorfrauen, später Damenstift, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 1567-1576.

Germania Sacra: 139

GND: [4259276-8]

FemMoData: 2848

Bearbeiter: Niels Petersen